Der Hüftgelenksersatz, die McMinn-Prothese

Eine McMinn-Prothese ähnelt der Überkronung eines Zahns: Der Hüftkopf wird nicht entfernt, sondern es wird nur die verschlissene Oberfläche ersetzt.

„Sie sind noch zu jung für ein neues Hüftgelenk!“ Die moderne Endoprothetik macht es möglich,durch knochensparende Techniken und den Einsatz von innovativen Endoprothesen ein aktives Leben zurück zu geben.

Herkömmliche Hüftprothesen bestehen aus Hüftpfanne und Hüftkopf. Der Kopf wird mithilfe eines mehr oder weniger langen Schaftes im Oberschenkelknochen verankert. Um Platz für diesen Schaft und seine Befestigung zu schaffen, muss einiges an Knochenmasse geopfert werden. Beim jüngeren Patienten ist das nicht ganz so unproblematisch: Fällt der Erstoperation viel Knochensubstanz zum Opfer, erschwert das die Voraussetzungen für einen irgendwann vermutlich notwendigen Revisionseingriff.

Was kann man heute tun, um auch jüngere Patienten optimal zu versorgen? In solchen Fällen greift man heute immer öfter zu einer sogenannten Kurzschaftprothese, die mit etwas geringerem Knochenverlust immer noch zufriedenstellend im Oberschenkelknochen verankert werden kann.

Noch weniger Knochen geht allerdings beim reinen Oberflächenersatz (Mc-Minn-Prothese) verloren. Das Prinzip dieser „Hüftkappe“ ist dabei ähnlich wie bei einer Zahnkrone: Es wird nur so viel von dem verschlissenen Hüftkopf weggenommen, dass sich die McMinn-Hüftkappe aufsetzen lässt. Auch der Stift, welcher die Kappe in Position hält, benötigt nur eine kleine Bohrung, der ebenfalls kaum Knochen zum Opfer fällt. Somit wird der Eingriff schonender. Aber das sind lange noch nicht alle Vorteile dieser Prothese, mit der wir inzwischen über eine mehr als 14-jährige klinische Erfahrung verfügen.

Bei der weltweit inzwischen über 250.000 Mal eingesetzten McMinn-Prothese bleibt die natürliche Einheit aus Hüftkopf und Oberschenkelhals nahezu vollständig erhalten, wodurch sich auch die individuelle Anatomie und die Biomechanik des Gelenks nicht ändern. So gibt es keine Beinlängenveränderung, und auch die Gelenkkapsel, die Muskelansätze und die Hebelverhältnisse für die Muskulatur bleiben so, wie sie waren.

Merkt der Patient abseits dieser eher theoretischen Vorteile auch etwas davon? Auf jeden Fall. Der Operationszugang erlaubt den Verzicht auf die Durchtrennung der fascia lata, einer großen Sehnenplatte an der Außenseite des Gesäßes. Patienten erholen sich davon nämlich nur vergleichsweise langsam: Oft dauert die Heilung lang und es kommt zu schmerzhaften Komplikationen wie z. B. den am großen Rollhügel (das ist die höchste Erhebung der Hüfte, lat. trochanter major) auftretenden Schleimbeutelentzündungen, die leicht chronisch werden können.

Nicht so bei der McMinn-Prothese: Hier bleibt auch das Gefühl für die Hüfte, die sogenannte Propriozeption, erhalten. Ein Hinken, wie es nach herkömmlichen Eingriffen mit seitlichem Zugang bekannt ist, tritt hier nicht auf. So ist der Patient nicht nur schneller wieder fit, er kann auch Sportarten noch ausüben, deren Erfolg hauptsächlich von der Koordination der Bewegung abhängt.

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Wie schnell ist der Patient denn – im Vergleich zur herkömmlichen OP – wieder auf den Beinen? Dank der erhaltenen natürlichen Anatomie kann das operierte Bein praktisch sofort voll belastet werden. Ein Krankenhausaufenthalt ist meist nur noch für etwa eine Woche notwendig, eine stationäre Reha kann unter Umständen entfallen. Dies hat auch damit zu tun, dass das Luxationsrisiko (das „Auskugeln“ des neuen Hüftgelenks) viel geringer ist als bei herkömmlichen Prothesen mit kleinem Kopf bzw. den seitlichen Operationszugängen, wo sie in bis zu 13 % der Fälle auftreten. Nach einem McMinn-Oberflächenersatz tritt ein Auskugeln so gut wie nie auf.

Warum nimmt man dann nicht generell Hüftprothesen mit größerem Kopf? In der Tat zeichnet sich ab, dass die sogenannten Prothesen mit größeren Köpfen immer beliebter werden, insbesondere bei  den Patienten, die etwa aufgrund einer vorliegenden Hüftkopfnekrose keine  McMinn-Prothese mehr bekommen können. Bei diesen Prothesenmodellen wird auf einen konventionellen Schaft ein Kopf von 36 mm Durchmesser aufgesetzt; im Gegensatz zu 28 und 32mm Durchmesser.

Dadurch steigt nicht nur die Luxationssicherheit, sondern auch der Bewegungsumfang. Dabei gilt: je größer der Hüftkopf, umso größer auch  das Ausmaß der Bewegung. Eine gering erscheinende Vergrößerung des Kopfdurchmessers von 28 auf nur 36 mm steigert den Bewegungsumfang des neuen Hüftgelenks bereits von durchschnittlich 114° auf etwa 127°. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die McMinn-Prothese wie auch die Großkopfprothetik vielen Patienten ein Mehr an Beweglichkeit und Sicherheit bieten können. Sie haben sich zu einer Alternative zur konventionellen Prothetik bei jüngeren Patienten entwickelt.

Wie bei allen endoprothetischen Eingriffen ist auch hier ein ausführliches Aufklärungsgespräch und das Abwägen zu einem Einsatz dieser Prothese erforderlich. Damit das Operationsergebnis und eine lange Standzeit der Prothese gewährleistet werden kann, muss die Indikation sehr eng und kritisch gestellt.

In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Modellen für dieses Verfahren.  Im Gegensatz zu den guten Ergebnissen der BHR-Prothese, die auch über zahlreiche wissenschaftliche Nachuntersuchungen und Studien verfügt, gab es einige Modelle die nicht überzeugten und vom Markt genommen wurden.

Konsensus-Empfehlungen zur Handhabung von Metall-Metall-Gleitpaarungen, herausgegeben des Arbeitskreises Endoprothetik http://www.ae-germany.com/index.php/publikationen/verschiedenes. Die Empfehlungen basieren auf Expertenmeinungen eines internationalen multidisziplinären Gremiums, welches durch die „European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology“ (EFORT), die „European Hip Society“ (EHS), die „Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik“ (AE) und die „Deutsche Arthrosehilfe“ (DAH) unterstützt wurde.

 

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Über den Autor

Dr. A. Rümelin
Facharzt für Orthopädie
Unfallarzt-Sportmedizin-Chirotherapie

Orthopädisches Zentrum Frankfurt
Scheffelstraße 18
60318 Frankfurt am Main